Opfer des Medienkonsums?

Studie PISA-VerliererChristian Pfeifer et. al haben vor kurzem für das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. (KFN) eine Studie mit dem reisserischen Titel «Die PISA-Verlierer – Opfer ihres Medienkonsums» (PDF-Download) vorgestellt.

Der Titel impliziert, dass die PISA-Studie hervorgebracht hat, dass die Kinder und Jugendlichen aufgrund ihres Medienkonsums schlechte Schulleistungen erbringen. Das kann so aber nicht behauptet werden. Die PISA-Studie hat sich in keinster Weise mit dem Medienkonsum auseinandergesetzt. Dennoch scheinen nach der Studie des KFN alleine die Medien schuld am Abschneiden der schlechtesten PISA-Schüler/innen.

Fakt ist, dass hier wohl kalter Kaffee medienwirksam aufgewärmt wird. Die Einzelaussagen der Studie sind weder neu noch brisant, aber auch nicht falsch. Die mediale Präsenz der Studie vermittelt allerdings ein anderes Bild: Schuld an schlechten Schulleistungen sind die Medien. Es wird eine Kausalität konstruiert, die gar nicht erkennbar ist.

Hier ein paar ausgewählte Aussagen aus der Studie bzw. aus zitierten früheren Studien:

  • Mit der Verfügbarkeit des eigenen Mediengerätes im Kinderzimmer steigt die tägliche Konsumdauer deutlich an.
  • In verschiedenen Studien wurden deutliche Belege dafür gefunden, dass mit wachsender Dauer des Medienkonsums die Schulleistungen sinken, weil die Zeit für Hausarbeiten und Lernen knapp wird.
  • Je höher die formale Bildung im Elternhaus, desto unwahrscheinlicher ist es, dass die Kinder im eigenen Zimmer über Fernseher und Spielkonsole verfügen.

Dieses Aussagen sind bereits bekannt. Ich empfinde sie eher als Binsenwahrheiten. Und ja, Fernseher & Co haben nichts im Kinderzimmer verloren. Dass man weniger Zeit für Hausaufgaben hat, wenn man stattdessen vor dem Fernseher hockt, ist logisch. Eltern mit höherer Bildung achten wohl eher auf den Medienkonsum der Kinder. Auch das wird klar. Die Studie zeigt aber nicht auf, dass der Medienkonsum die Ursache von schlechten Schulleistungen ist.

Ich stelle mir vor, dass Eltern durch solche Studien bzw. durch die begleitenden Medienberichte eher verunsichtert werden. Dies wiederum führt vielleicht dazu, dass sie entweder versuchen den Medienkonsum ihrer Kinder möglichst vollständig zu verbieten oder (resigniert) wegsehen. Eine echte Auseinandersetzung mit dem Medienkonsum der Kinder wird dadurch erschwert.
Oder trägt die Studie eben gerade dazu bei, dass Eltern den extensiven Medienkonsum ihrer Kinder Einhalt gebieten? Bestärkt es sie, den Medienkonsum ihrer Kinder zu hinterfragen und allenfalls lenkend einzugreifen?

Ich bin mir selber nicht ganz schlüssig, was die Studie in der Öffentlichkeit bewirkt. Ich kann der Studie bzw. den Studien zwar einiges abgewinnen, aber gegen die allgemeine Angstmache vor Medienkonsum wehre ich mich.

Weitere Quellen im WWW:

2 Gedanken zu „Opfer des Medienkonsums?

  1. Hallo Thomas

    Mich stört einfach, dass immer nur vom Medienkonsum die Rede ist. Immer und überall. Und weil das so ist, wird die Sache selbst verteufelt und alle Inhalte gleich mit. Denn Konsum ist schlecht. Unreflektierter Konsum sicher. Zuviel ist wohl auch nicht gut, einverstanden.
    Es wird aber nie erwähnt, dass man Medien zum eigenen Vorteil produktiv einsetzen könnte. Ach ja, das muss man ja erst noch lernen… soso.
    Es könnte doch auch um Medienproduktion gehen. Ich bin echt der Meinung, dass der produktive und kreative Einsatz von Medien das Lernen (der Inhalte) fördert: weil man es präsentieren will (muss – im weniger idealen Fall). Produktiv heisst auch aktiv.

    Herzlich, Miriam

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